20.09.2004

Der Bahnmarkt in Mittel- und Osteuropa: Mit privater Initiative zu mehr Wachstum

Vossloh präsentiert in Berlin neue Marktanalyse / Bundeskanzler eröffnet Konferenz "Weltmarkt Bahn"


Neben dem asiatischen Raum ist Mittel- und Osteuropa einer der dynamischsten Wachstumsmärkte in der Bahntechnikbranche. Zu diesem Ergebnis kommt eine neue Studie der Vossloh AG, die das Unternehmen am Montag anlässlich der Konferenz "Weltmarkt Bahn" in Berlin vorgestellt hat. Die Konferenz wurde von Bundeskanzler Gerhard Schröder eröffnet.

Der Markt für Produkte der Bahntechnik ist in Mittel- und Osteuropa mit rund 13,2 Mrd. € sehr attraktiv, die Wachstumserwartung positiv. In Russland stimuliert die Rohstoffnachfrage auch den Güterverkehr. Das Land ist mit einem Volumen von rund 6,3 Mrd. € der mit Abstand größte Markt für Bahntechnik in Mittel- und Osteuropa. In Polen, der Tschechischen Republik, der Slowakei, Ungarn und Slowenien wird zunehmend in die Ertüchtigung des Regional- und Stadtverkehrs investiert. In dieser Region ist mittelfristig das größte Wachstum der Bahnmärkte zu erwarten. Die Türkei hat für die Entwicklung des Personenverkehrs vorher nicht gekannte Investitionssummen bereitgestellt. Diese Sonderkonjunktur macht den türkischen Markt auf Jahre attraktiv.

"Die Unternehmen der Vossloh-Gruppe agieren marktnah. Sie haben die Chancen der sich öffnenden und wachsenden Bahntechnik-Märkte in Mittel- und Osteuropa früh erkannt und zeitnah reagiert. Bereits in den ersten Projekten zum Ausbau der Pan-Europäischen Verkehrskorridore haben wir uns engagiert", erläuterte der Vorsitzende des Vorstands der Vossloh AG, Burkhard Schuchmann, in Berlin. Inzwischen habe das Unternehmen in industrielle Kapazitäten im Infrastrukturbereich in Polen, Kroatien, Ungarn und Serbien investiert. Für den Stadtverkehr in den neuen Mitgliedsländern der EU liefert die Vossloh AG die elektrische Ausrüstung für Straßenbahnen und Trolleybusse. Und mit dem Ausbau der Leit- und Sicherungstechnik unterstützt sie eine höhere Effizienz des Angebots auf der Schiene.

Die Region Mittel- und Osteuropa ist zugleich aber auch eine der am schwierigsten einzuschätzenden Wachstumsregionen. Dieses hatte bereits die Studie "Der Weltmarkt für Bahntechnik", die im vergangenen Jahr von der Vossloh AG initiiert worden war, deutlich gezeigt. "Grund genug für uns, hier mit einer umsetzungsbezogenen detaillierten Analyse des Marktes in den neuen Mitgliedsländern der EU, in Südosteuropa und den europäischen GUS-Staaten nachzulegen", betonte Schuchmann.

Denn der Markt für Bahntechnik in Mittel- und Osteuropa habe auch eine Kehrseite: "In vielen Ländern und Segmenten decken die Investitionen noch immer nicht jenes Volumen ab, das allein für die Instandhaltung der Netze und Fahrzeuge notwendig ist. Ein Abbau des Investitionsstaus der vergangenen 15 Jahre liegt in vielen Ländern noch immer in weiter Ferne", so der Konzernchef.

Gerade angesichts des Wachstums fast aller Volkswirtschaften in der Region drohen durch diesen Investitionsstau negative Folgen. Die Nachfrage im Personen- wie im Güterverkehr wächst; modernisierte arbeitsteilige Wirtschaften verlangen nach intakten Verkehrswegen und zuverlässigen Transportmitteln.

Auch die Vossloh AG ist in dieser Frage engagiert - schließlich geht es um den eigenen Markt. Um neue Wachstumsimpulse zu schaffen, hat die Vossloh AG nicht nur die Märkte untersucht, sondern auch die Möglichkeit einer Stimulierung von Investitionen im Rahmen von Public Private Partnerships geprüft. Denn das Unternehmen selbst hat positive Erfahrungen mit Finanzlösungen, wie etwa mit dem eigenen Lok-Pool, der in Kooperation mit der Royal Bank of Scotland aufgebaut worden ist.

"Wer dieses Fachwissen hat, der weiß auch, dass PPPs im Bahnsegment keine Selbstläufer sind. Sie werden immer nur dann funktionieren, wenn zentrale unternehmerische Anforderungen wie eine ausreichende Renditeerwartung, ein überschaubares Verlustrisiko und eine akzeptable Fremdkapitalbelastung erreicht werden können", stellte Schuchmann klar.

Hier aber stehe die Bahnbranche vor spezifischen Herausforderungen. Schließlich handele es sich gerade bei Infrastrukturmaßnahmen um hohe Investitionsvorhaben mit einer sehr langen Projektlaufzeit, deren Komplexität zudem noch ein hohes Eisenbahn-System-Know-how erfordere. "Eine klassische Nutzerfinanzierung ist nur in Ausnahmefällen möglich, und auch Effizienzvorteile privater Lösungen sind zumeist nur über den gesamten Lebenszyklus realisierbar - nicht nur über die Vorfinanzierung", so Schuchmann.

Auf Basis seines Branchenhintergrunds hat Vossloh deshalb zwei Lösungen entwickelt, die den spezifischen Anforderungen des Bahngeschäftes gerecht werden: In Spezialsegmenten unterhalb von Komplettlösungen können die Hersteller von einzelnen Komponenten - wie z. B. Weichen - integrierende Funktionen wie Planung, Bau und Wartung übernehmen und dabei leistungsabhängig - z. B. auf Basis von gefahrenen Zug-Kilometern - finanziert werden. Im Rahmen von Kompensationslösungen können private Partner Investitionen übernehmen, Betreiber dafür im Austausch über Assets oder Nutzungsrechte entsprechende Werte zur Verfügung stellen.

"In dieser Form können PPP-Projekte helfen, die Lücke zwischen verkehrlichem Bedarf und verfügbaren Mitteln zu schließen. In einem nächsten Schritt gilt es, diese Modelle jetzt zusammen mit Partnern vor Ort zu konkretisieren", so Schuchmann.

Berlin, den 20. September 2004